Caritas-Referat Migration lud zu aufschlussreicher Autorenlesung ein
Augsburg, 22.06.2025 (pca). Die frühere Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hatte Recht mit ihrem berühmten Satz "Wir schaffen das!" Doch leider folgte keine Diskussion über wer sind "wir", was heißt "schaffen" und was bedeutet "das". Das Referat Migration des Augsburger Diözesan-Caritasverbandes hatte im Rahmen der RefugeeWeek Augsburg am Weltflüchltingstag zu einer Autorenlesung mit dem Deutsch-Syrer Moutasm Alyounes eingeladen. Der Abend bot eine Fülle von Antworten auf die Fragenu nach dem "Wir - schaffen - das". Dr. Isabella Wlossek, Leiterin des Referates Migration, hatte ihn eingeladen. "Sein Beispiel zeigt, wie gut Integration gelingen kann - von unserer Seite wie auch durch die Geflüchteten selbst."
Alyounes, 1989 geboren, 2012 aus Syrien geflohen, verfolgte an dem Abend kein anderes Ziel als Aufklärung. Er bettelte bei seiner Autorenlesung nicht um Mitleid. Dennoch mutete es für eine deutsche Zuhörerschaft beschämend an, als er sagte "ich kann sehen, fühlen, tasten wie Du". So zog sich ein Grundgedanke durch seine Ausführungen über den Krieg in Syrien bis hin zu seiner Integration in Deutschland: Ich bin ein Mensch - wie Du, wie jeder Deutsche auch.
Eigentlich selbstverständlich, doch in bestimmten politischen Kreisen ungeliebt war sein Satz: "Niemand flüchtet freiwillig." Alyounes Moutasm erinnerte daran, dass man zwar vor dem Bürgerkrieg "satt" geworden sei. Freiheit, Demokratie und Menschenrechte - worauf man in Deutschland stolz sein kann - galten nicht. Kinder und Jugendliche wurden von Assads Schergen grausam gefoltert. Der Nazi Alois Brunner übrigens hatte nach dem Zweiten Weltkrieg mitgeholfen, in Syrien die Folterkammern der Geheimpolizei mit aufzubauen. "Ich sage nicht, ich komme aus Syrien, ich sage, ich komme aus einem Folterland", so Alyounes. "Ich komme aus einem Land mit vielen Massengräbern gefolterter Menschen, die nichts anderes wollten, als freie Menschen leben zu wollen."
Die Schuld für das Elend und die Flucht tragen deshalb nicht die Geflüchteten. Alyounes erzählte deshalb mit eindringlichen Worten, wie jeder zum Hochverräter wurde, wenn man nur ein kleines Wort der Kritik aussprach. Verstehen und Verständnis für die Geflüchteten fange eben dann an, wenn man bereit ist zu lernen warum sie sich auf den lebensgefährlichen Weg ihrer Flucht machen.
"Wissen Sie, was Krieg, was Flucht bedeutet?", so der deutsch-syrische Autor. "Kein Wasser, kein Essen, keine Medikamente, kein Brot, kein Strom, keine Zukunft. Aber sehr viel Angst." In seinem Buch "Die Wahrheit aus meiner Sicht", aus dem er vorlas, erzählt von seinen Fluchtgeschichten, seinem Ziel nach Zukunft.
Auch er brauchte Geld für seine Flucht. Auch er erhielt Geld von seinem Vater, um Schlepper für die Bootsfahrt damals von der türkischen Küste zu einer griechischen Insel bezahlen zu können. "Wen wundert es eigentlich, dass wir Flüchtlinge Schlepper brauchen?" Wer akzeptiere in Europa oder in Deutschland es, "wenn ich sage, ich werde bombardiert, wir werden verfolgt und gefoltert"? "Ich kann nicht legal flüchten vor Krieg und Terror."
In Deutschland in 2015 angekommen erhielt er endlich die Chance, wieder zur Schule zu gehen. Er wollte sich integrieren, er lernte bei jeder Gelegenheit Deutsch. Er lernte das zu schätzen, was Deutschland ausmacht. Der Rechtsstaat, Freiheit, Demokratie. Er erlangte schließlich die deutsche Staatsbürgerschaft. "Deutschland ist meine zweite Heimat". Wer etwas gegen seine deutsche Staatsbürgerschaft habe, "der hat etwas gegen das Grundgesetz", sagt er mit Nachdruck, aber auch mit Stolz, in Richtung all jener, die meinten Deutsche sein zu wollen, wenn sie sich gegen die Grundrechte der deutschen Verfassung stellen.
Die Einladung des Referates Migration des Diözesan-Caritasverbandes zu dieser Autorenlesung gab ungefragt eine Antwort auf die Fragen nach dem "wir", dem "schaffen" und "das". Es braucht beide Seiten, die gegenseitige Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, den Willen das anderen zuzuerkennen, was man selber für sich in Anspruch nimmt, nämlich Teil einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft in Deutschland sein zu können.